Fachkräftemangel

So wirken Sie dem Fachkräftemangel im Handwerk entgegen

December 9, 2024
Suzana Jordanovic

Der Fachkräftemangel in Deutschland stellt eine ernste Bedrohung für das Handwerk dar. Immer weniger Menschen erlernen einen handwerklichen Beruf. Gleichzeitig suchen Betriebe händeringend, denn die Auftragsbücher sind voll. Was also tun, wenn der Fachkräftebedarf höher ist als das Angebot? Lesen Sie hier, wie Sie es schaffen, qualifizierte Mitarbeitende für Ihren Betrieb zu gewinnen

Ratgeber „Fachkräftemangel entgegenwirken”: Das erwartet Sie in diesem Artikel

Ratgeber „Fachkräftemangel entgegenwirken”: Das erwartet Sie in diesem Artikel

Gründe für die Fachkräftelücke im Handwerk

Für den aktuellen Fachkräftemangel im Handwerk gibt es verschiedene Ursachen. Dazu zählen unter anderem:

  • Weniger Erwerbstätige allgemein (demografischer Wandel): Die sogenannte Babyboomer-Generation (Jahrgänge: 1946–1964) geht in Rente. Durch die niedrige Geburtenrate treten gleichzeitig weniger Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt ein.

  • Imageproblem der Handwerksberufe: Lange Zeit hat Politik und Gesellschaft das Studium der Ausbildung vorgezogen. Mit drastischen Folgen: 2021 gab es mehr als doppelt so viele Studierende wie Auszubildende in Deutschland (Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. N036 vom 15. Juni 2023, Stand: 27.10.2024).

  • Neue Fachkenntnisse erforderlich: Der klassische Handwerksberuf stirbt langsam aus, weil zunehmend Kenntnisse in digitalen Technologien erforderlich sind. Die sogenannte „Dekarbonisierung" von Gebäuden, also das Ziel, den Ausstoß von CO2 zu reduzieren, befördert diese Entwicklung, z. B. Einbau von funk-ablesbaren Heizkostenverteilern oder Rauchwarnmeldern.

Statistik 2024: Fachkräftemangel in Deutschland

Deutschland befindet sich aktuell in einer schwierigen Wirtschaftslage, was dazu führt, dass Unternehmen Stellen abbauen bzw. nicht nachbesetzen. Das hat sich jedoch nur geringfügig auf den Fachkräftebedarf in Deutschland ausgewirkt. Weiterhin können offene Stellen für Qualifizierte nicht besetzt werden, weil Letztere schlichtweg fehlen.

Branchenübergreifende Zahlen

Laut des „Fachkräftereports Juni 2024” des Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA)
fehlen aktuell so viele Fachkräfte in Deutschland:

Branchenübergreifende Zahlen

Hinweis zur KOFA-Analyse

Zu den „qualifizierten Arbeitskräften” zählen: 

  • Fachkräfte mit abgeschlossener Ausbildung
  • Spezialist:innen mit Fortbildungs- (Meister:in, Techniker:in, Fachwirt:in) oder Bachelorabschluss 
  • Expert:innen mit Diplom oder Master

(Quelle: Fachkräftereport Juni 2024, Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA), 08/2024,
URL: https://www.kofa.de/media/Publikationen/KOFA_Kompakt/Fachkraeftereport_Juni_2024.pdf

Aktuelle Zahlen fürs Handwerk

Schaut man sich die Zahlen nur im Handwerk an, so fehlen laut ZEIT ONLINE unter Berufung auf das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln aktuell so viele Fachkräfte im Handwerk:

Aktuelle Zahlen fürs Handwerk


(Quelle: „Jede zweite Stelle im Handwerk bleibt unbesetzt”, ZEIT ONLINE, 20.09.2024, URL: https://www.zeit.de/wirtschaft/2024-09/fachkraeftemangel-deutschland-handwerk-offene-stellen )

Diese handwerklichen Berufe sind am stärksten betroffen

Das Handwerk ist auf Platz 3 der Branchen mit dem größten Personalnotstand. Nur im Bereich „Gesundheit und Pflege” (Platz 1) und „Bildung und Soziales” (Platz 2) fehlt noch mehr qualifiziertes Personal.In diesen handwerklichen Berufen wird händeringend gesucht:

(Quelle: KOFKA unter Berufung auf IW-Fachkräftedatenbank auf Basis von Sonderauswertungen der BA und der IAB-Stellenbeschreibung, 2024, 28.10.2024, URL: https://www.kofa.de/daten-und-fakten/ueberblick-fachkraeftemangel/ ). 

Diese handwerklichen Berufe sind am stärksten betroffen

Quelle: IW-Fachkräftedatenbank auf Basis von Sonderauswertungen der BA und der IAB-Stellenerhebung, 2024, 28.10.2024, URL:https://www.iwkoeln.de/studien/jurek-tiedemann-gero-kunath-dirk-werner-dringend-gesucht-in-diesen-berufen-fehlen-aktuell-die-meisten-fachkraefte.html ).

Auswirkungen des Fachkräftemangels auf Handwerksbetriebe

Das Handwerk ist eine personalintensive Branche. Mit anderen Worten: Ohne ausreichend und qualifiziertes Personal können Handwerksbetriebe ihren wirtschaftlichen Erfolg nicht sicherstellen. Mit diesen Auswirkungen haben Betriebe in der Bau- und Handwerksbranche zu kämpfen aufgrund des Fachkräftemangels:

  • Reduziertes Leistungsangebot: Fehlt das Fachwissen für bestimmte Leistungen, können diese nicht oder nicht mehr angeboten werden. Das wirkt sich unmittelbar auf die Gewinnung von Kundinnen und Kunden sowie auf die Umsatzchancen aus.

  • Umsatzeinbußen und geringe Wachstumschancen: Fehlendes Personal bedeutet weniger Aufträge und damit weniger Umsatz. Gleichzeitig ist das Wachstum ausgebremst, das meist mit mehr Aufträgen und damit mit mehr Fachpersonal einhergeht.

  • Risiko für Reklamationen steigt: Gestresste Mitarbeitende, die von A nach B hetzen, oder lange Wartezeiten bis zum Folgetermin führen oft zu Fehlern bzw. zu einem erhöhten Risiko für Reklamationen.

  • Rufschädigung: Wenn Betriebe aus der Not heraus auf unqualifiziertes Personal ausweichen, sind Qualitätseinbußen sehr häufig die Folge. Passieren diese wiederholt, schadet es langfristig dem Ruf.

  • Höhere Personalkosten: Gibt es weniger Bewerberinnen und Bewerber als Stellen, dann müssen Handwerksbetriebe mit attraktiven Konditionen aufwarten, um diese für sich zu gewinnen, mit der Folge von höheren Personalkosten.

Der enorme Fachkräftebedarf geht uns jedoch alle etwas an:

Auswirkungen des Fachkräftemangels auf Handwerksbetriebe

  • Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Deutschland: Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer, die in Rente gehen, finden keine Nachfolge und müssen ihren Betrieb schließen. Das verschärft die Situation und ist für die Wirtschaft und Gesellschaft ein Problem.

  • Auswirkung auf Klimaziele Deutschlands: Schließlich bringt der Fachkräftemangel im Handwerk Deutschland in Sachen Klimaneutralität in Bedrängnis. Denn die angestrebte Klimatransformation hängt wesentlich von ausreichend ausgebildeten Fachkräften ab.

Strategien für erfolgreiche Gewinnung von Fachkräften in Ihrem Betrieb

Qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker können sich aktuell aussuchen, wo sie arbeiten – und zu welchen Konditionen! Das bedeutet für Sie: Um als attraktive Arbeitgeberin bzw. als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, zählt mehr als „nur“ ein gutes Gehalt! 

An diesen Schrauben können Sie drehen, um dem Fachkräftemangel erfolgreich entgegenzuwirken:

  • Aus-, Fort- und Weiterbildungen
  • Karrierechancen
  • Flexible Arbeitszeitmodelle
  • Einstellung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern
  • Fachkräfte aus dem Ausland
  • Rekrutierungsstrategie

Strategien für erfolgreiche Gewinnung von Fachkräften in Ihrem Betrieb

Aus-, Fort- und Weiterbildungen

Mit dem Gesellenbrief ist die Ausbildung vorbei? Das war vielleicht früher so. Heute möchten und müssen sich Fachkräfte kontinuierlich fort- und weiterbilden, um auf dem neuesten Stand zu bleiben und/oder ihre Fähigkeiten zu verfeinern. Davon profitieren nicht nur Ihre Angestellten, sondern der ganze Betrieb, da Sie Ihren Kundinnen und Kunden eine noch bessere Qualität, neue Methoden oder Produkte bieten können. Win-win!

Karrierechance

Eng mit dem Fort- und Weiterbildungsangebot verknüpft ist ein weiterer Wunsch vieler Handwerkerinnen und Handwerker: Sie möchten Verantwortung übernehmen und Karriere machen. Zeigen Sie Ihren Mitarbeitenden also Perspektiven auf und ermöglichen Sie es ihnen, zum Beispiel Führungserfahrung zu sammeln. Ihr Bonus: Kompetente Mitarbeitende können Ihnen im Betrieb auf diese Weise viel Arbeit abnehmen und Ihre Belastung reduzieren.

Flexible Arbeitszeitmodelle

Die Pandemie hat die klassischen Arbeitsmodelle in sehr vielen Branchen auf den Kopf gestellt: Homeoffice oder hybrides Arbeiten sind an der Tagesordnung. Klar, im Handwerk ist das noch undenkbar und doch  besteht mehr Spielraum als gedacht, z. B.

  • Teilzeitregelungen für Familienväter und -mütter
  • 4-Tage-Woche
  • Jahres- oder Lebensarbeitszeitkonten
  • Blockarbeitszeit
  • Schichtarbeit
  • Vertrauensarbeitszeit
  • Gleitzeit 


Homeoffice im Handwerk unmöglich? Nicht ganz: Mit der Meisterwerk App erledigen Mitarbeitende administrative Aufgaben von überall, per App oder auf dem Computer, so z. B. Abrechnung oder Planung.

Einstellung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern

Sie denken, das ist leichter gesagt als getan? Stimmt, aber wussten Sie auch, dass Sie für die Aus- oder Weiterbildung von qualifizierten Fachkräften Zuschüsse erhalten können, in bestimmten Fällen werden die Kosten zu 100% übernommen? Möglich macht das u.a. die Qualifizierungsoffensive der Bundesagentur für Arbeit.

Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland

2023 wurde das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) erneuert, um das Anwerben von Fachkräften aus dem Nicht-EU-Ausland zu erleichtern. Betriebe stoßen zwar bei ausländischem Personal auf Herausforderungen ganz anderer Art, wie fehlende Sprachkenntnisse, doch Sie bleiben damit nicht allein. Auf den Seiten der Bundesregierung oder der Handwerkskammern finden Sie umfassende Informationen und Sie können sich persönlich beraten lassen.

Tipp:
Mit dem kostenlosen Tool „Quick-Check” der Bundesregierung erhalten Sie über ein paar Klicks Tipps und Anlaufstellen, je nachdem, ob Sie einstellen oder ausbilden und ob Sie schon jemanden gefunden haben oder erst suchen möchten.

Rekrutierungsstrategie

Eine Anzeige im Regionalblatt oder Mundpropaganda können gegen den Personalnotstand im Handwerk nicht mehr antreten. Sie müssen auffallen und begeistern. Das gehört zu einer Rekrutierungsstrategie:

  1. Arbeitgebermarke aufbauen: Apple steht für Innovation, Mercedes für Luxus und HILTI für Qualität? Was sollen die Bewerberinnen und Bewerber über Sie denken? Mit einer Arbeitgebermarke positionieren Sie sich klar und grenzen sich von der Konkurrenz ab: Lassen Sie das in Form von Bild und Text sichtbar werden, z. B. in Ihren Stellenanzeigen.

    Wie Sie eine perfekte Stellenanzeige schreiben, erfahren Sie hier.

  2. Profil der idealen Bewerberin bzw. des idealen Bewerbers analysieren: Je mehr Sie über Ihre Wunschkandidatinnen und -kandiaten wissen, desto besser können Sie Texte, Bilder und Personal-Kampagnen darauf abstimmen: Was ist Ihnen oder Ihren künftigen Mitarbeitenden noch wichtig, z. B. Teamplay, kurze Anfahrt zur Werkstatt usw. Zeigen Sie es, wenn Sie es anbieten!

  3. Sichtbarkeit schaffen: Überlegen Sie sich, wo Sie überall darauf aufmerksam machen können, dass Sie einstellen. Hier eine Reihe an teilweise kostenlosen Möglichkeiten:
    1. Website
    2. im Abbinder von E-Mails: „Wir suchen aktuelle neue Kolleg:innen”
    3. auf Rechnungen: „Wir stellen ein!”
    4. Jobportal der Agentur für Arbeit
    5. zahlpflichtige Jobportale wie stepstone oder indeed
    6. Fachkräftebörse der Handwerkskammern
    7. Werbung im Radio oder Kino 
    8. Job- und Karrieremessen
    9. Kooperationen mit Schulen, um Auszubildende anzusprechen

Fachkräftesicherung geht auch über Mitarbeiterbindung

Zufriedene Mitarbeitende sind ein Garant für ein erfolgreiches Unternehmen: Alle ziehen am selben Strang und wer gerne zur Arbeit geht, ist motiviert und bringt sich gerne ein. Im Kontext des Fachkräftemangels bedeutet es aber Sicherheit. Denn neue Mitarbeitende sind schwer zu finden. 

Ein ständiger Wechsel von Mitarbeitenden wirkt sich außerdem schlecht aufs Team aus und bedeutet letztendlich hohe Kosten. Schließlich müssen neue Kolleginnen und Kollegen jedes Mal aufs neue in die Prozesse eingearbeitet werden u. Ä. Das kostet wertvolle Zeit.

Deshalb ist für die Fachkräftesicherung im Handwerk auch die Bindung von Mitarbeitenden enorm wichtig. Was Sie dafür tun können, z.B.: 

  • Kritik ernst nehmen
  • Lob aussprechen
  • für eine angenehme, freundliche Arbeitsatmosphäre sorgen
  • Benefits anbieten, wie Zuschüsse zum Fitnessstudio, Deutschlandticket usw.

Wie Sie Personal richtig planen und für aus- und nicht überlastete Mitarbeitende trotz Fachkräftemangels sorgen.‍

Wie Sie Personal richtig planen und für aus- und nicht überlastete Mitarbeitende trotz Fachkräftemangels sorgen.

Digitale Tools für Personalgewinnung und -bindung im Handwerk

Die Digitalisierung verändert nicht nur die Jobprofile und trägt damit teilweise auch zum Fachkräftemangel bei (vgl. oben). Sie unterstützt Betriebe auch dabei, effizienter zu arbeiten und attraktiver als Arbeitgeberin bzw. als Arbeitgeber zu sein: Hier sind drei Beispiele:

  1. Automatisierter Bewerbungsprozess: Besonders bei jüngeren Bewerberinnen und Bewerbern gehört das digitale Bewerbungsverfahren zum Standard. Zeigen Sie damit, dass Sie modern aufgestellt sind und reduzieren Sie den administrativen Aufwand im Vergleich zur postalischen Bewerbungen oder per E-Mail.

  2. Über Social-Media Bekanntheit steigern: Nicht nur junge Menschen sind auf Social-Media unterwegs! Nutzen Sie TikTok, Instagram oder Facebook, um Ihren Arbeitsalltag zu zeigen, Tipps zu geben, Ihre Arbeiten vorzustellen oder um die Attraktivität des Berufsfeldes „Handwerk” zu erhöhen, z. B. mit diesen Themen: some text
    1. Veraltete Rollenbilder aufbrechen: Handwerk ist nicht nur ein Männerberuf.
    2. Ohne Handwerk keine Klimaziele: Handwerk ist zukunftsfähig.
    3. usw.

  3. Spezielle Software für den täglichen Einsatz: Erleichtern Sie administrative Aufgaben in Ihrem Betrieb mit spezieller Software, z. B. der Meisterwerk App. Damit planen Sie Aufträge und Einsätze schnell und für alle übersichtlich, Ihre Mitarbeitenden können Notizen, Fotos oder Formulare direkt im Termin mit dem Büro teilen und ihre Arbeitszeiten auch von unterwegs oder zu Hause eintragen.


Digitalisierung im Handwerk: Vorteile und Hürden im Überblick

Wie sich Digitalisierung noch im Handwerksbetrieb einsetzen lässt, und welche Hürden es dabei zu beachten gibt, lesen Sie hier.

Der Fachkräftemangel ist da, aber Sie können etwas dagegen tun

Der Fachkräftemangel ist ein ernstzunehmendes Problem und betrifft das ganze Land. Doch es gibt Wege aus dem Fachkräftemangel und das ist die gute Nachricht dabei. Die Betriebe, die sich jetzt ins Zeug legen, werden langfristig die Nase vorne haben. Sicherlich lassen sich Maßnahmen wie ein festes Fort- und Weiterbildungsprogramm, die Anwerbung von ausländischen Fachkräften oder kreative Social-Media-Posts nicht über Nacht umsetzen. Doch mit staatlichen Initiativen, Kampagnen und Programmen stehen Sie bei der Aufgabe nicht alleine da. Zudem können Sie mit den digitalen Möglichkeiten heute viel mehr erreichen als noch vor einigen Jahren. Gewinnen Sie z. B. mehr Zeit für Ihre Rekrutierungsstrategie, indem Sie administrative, wiederkehrende Aufgaben reduzieren. Die Meisterwerk App unterstützt Sie dabei.

So wirken Sie dem Fachkräftemangel im Handwerk entgegen
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