Was bedeutet Verjährung überhaupt? 

Verjährung Rechnungen: Wichtige Fristen und Tipps auf einen Blick

Verjährung bedeutet, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist ein Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden kann. Bei Handwerkerrechnungen heißt das: Ist die Verjährungsfrist abgelaufen, kann der Handwerksbetrieb sein Geld nicht mehr einfordern – auch wenn die Rechnung ursprünglich berechtigt war. 

Wann beginnt die Verjährungsfrist und wie lange dauert sie?

Die Verjährungsfrist für Handwerkerrechnungen beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat. 

Beispiel:
Wenn Sie im August 2024 einen Auftrag abschließen und eine Rechnung stellen, beginnt die Verjährungsfrist am 1. Januar 2025. Die reguläre Verjährungsfrist beträgt drei Jahre. Das heißt, unsere Beispielrechnung von August 2024 verjährt am 31. Dezember 2027.

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Voraussetzungen für die Verjährung einer Handwerkerrechnung

Damit eine Handwerkerrechnung verjähren kann, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Der Anspruch muss entstanden sein (also die Arbeit muss erledigt sein).
  2. Die Verjährungsfrist muss abgelaufen sein.
  3. Der Schuldner (also der Kunde) muss sich auf die Verjährung berufen.

Wichtig: Verjährung tritt nicht automatisch ein! Der Kunde muss aktiv einwenden, dass die Forderung verjährt ist.

Tipp:
Eine erbrachte Handwerkerleistung muss laut Gesetz vom Kunden abgenommen werden, sofern sie vertragsgemäß und frei von gravierenden Mängeln ist. Verweigert er die Abnahme, muss ihm eine angemessene Frist dafür gesetzt werden. Erst wenn diese Frist abgelaufen ist, gilt die Arbeit als stillschweigend abgenommen. Damit startet dann auch die Verjährungsfrist für die Rechnung. Wenn der Kunde die Arbeit wegen Mängeln ablehnt, beginnt die Verjährung erst nach der Nachbesserung und der anschließenden Abnahme.

Hemmung und Neubeginn der Verjährung

Es gibt Umstände, die den Ablauf der Verjährungsfrist stoppen oder neu starten können.

Verjährungsfristneubeginn

Die Verjährungsfrist startet neu, wenn:

  • der Schuldner den Anspruch anerkennt (z. B. durch Abschlagszahlung oder Schuldeinsicht).
  • eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird.

Beispiel:
Im Juli 2022 wurde eine Rechnung über 5.000 Euro gestellt, die im Dezember 2022 fällig war. Der Kunde hat die Rechnung jedoch nicht beglichen. Im Februar 2023 mahnen Sie den Kunden, woraufhin dieser eine Ratenzahlung über 6 Monate anbietet. Indem der Kunde den Anspruch durch die Ratenzahlungsvereinbarung anerkennt, beginnt die Verjährungsfrist von neuem zu laufen – und zwar ab dem Zeitpunkt der Vereinbarung.

Verjährungshemmung

Die Verjährung wird gehemmt, also zeitweise angehalten, wenn:

  • Verhandlungen zwischen Ihnen und Ihrem Kunden über den Anspruch oder die Umstände laufen.
  • Sie gerichtliche Schritte zur Durchsetzung Ihres Anspruchs einleiten.

Beispiel:
Im Juli 2022 wurde eine Rechnung gestellt, die im Dezember 2022 hätte bezahlt werden sollen. Im Januar 2023 kommt es zu Unstimmigkeiten mit dem Kunden über die Höhe der Rechnung. Es beginnen Verhandlungen. Solange diese andauern, ist die Verjährungsfrist gehemmt und läuft nicht weiter. Erst wenn die Verhandlungen abgeschlossen sind, beginnt die Frist wieder zu laufen.

So erstellen Sie als Handwerker ordnungsgemäß Rechnungen

Um Verjährungsproblemen vorzubeugen, sollten Sie einige Punkte beachten:

  1. Rechnungen zeitnah stellen: Je schneller Sie abrechnen, desto geringer ist das Risiko, dass etwas in Vergessenheit gerät.

  1. Fristen im Blick behalten: Besonders bei Bauverträgen nach VOB/B gelten oft kürzere Fristen für die Rechnungsstellung.

  1. Rechnungen nach Vorschrift erstellen: Eine ordnungsgemäße Rechnung muss bestimmte Angaben enthalten, wie Ihre vollständige Anschrift, das Leistungsdatum und die Steuernummer.

  1. Zahlungsbedingungen und Fälligkeiten klar festhalten: Geben Sie auf der Rechnung an, bis wann die Zahlung erfolgen soll.

Tipp:
Die VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B) ist eine wichtige Regelung im deutschen Baurecht. Sie legt die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauaufträgen fest. Das ist wichtig für Handwerker, die im Baugewerbe tätig sind. Sie müssen hier besonders genau die vertraglichen Fristen im Blick behalten, um zu verhindern, dass ihre Rechnungen verjähren.

Teilrechnung oder Abschlagsrechnung? Das ist der Unterschied!

Handwerker mit zufriedenem Kunden

Wann müssen Kunden nicht mehr zahlen?

Kunden müssen eine Handwerkerrechnung nicht mehr bezahlen, wenn:

  • die Verjährungsfrist abgelaufen ist und sie sich darauf berufen.
  • sie die Rechnung bereits beglichen haben.
  • ein Erlass oder Verzicht vereinbart wurde.

Verjährung im Ausland

Wenn Sie Aufträge im Ausland ausführen, können andere Verjährungsfristen gelten. Informieren Sie sich in solchen Fällen am besten über die spezifischen Regelungen des jeweiligen Landes.

Allgemeine Verjährungsregeln – eine Übersicht

Art des Anspruchs Verjährungsfrist Fristbeginn
Alle privatrechtlichen Ansprüche, soweit nicht durch Gesetz oder wirksam durch Rechtsgeschäft eine andere Frist vereinbart ist (z. B. Kaufpreisanspruch des Verkäufers, Sachleistungsanspruch des Käufers, Vergütungsanspruch des Unternehmers beim Werkvertrag, Herstellungsanspruch des Bestellers beim Werkvertrag, Anspruch des Vermieters auf Zahlung der Miete inkl. Nebenkosten). [§ 195 BGB] 3 Jahre
(max. 10 Jahre)
Jahresende* (Entstehung des Anspruchs unabhängig von Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis, § 199 Abs. 4 BGB)
Gewährleistung aus Kaufverträgen [§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB] 2 Jahre Ablieferung/Übergabe
Gewährleistung aus Kaufverträgen über Bauwerke und Baustoffe, die einen Mangel verursacht haben [§ 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB] 5 Jahre Ablieferung/Übergabe
Gewährleistung aus Kaufverträgen – auch über Bauwerke und Baustoffe – bei arglistigem Verschweigen des Mangels [§ 438 Abs. 3 BGB] 3 Jahre (aber bei Bauwerken nicht vor Ablauf von 5 Jahren)

Jahresende*
Abnahme

Gewährleistung aus Werkverträgen über Arbeiten an einer Sache [§ 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB] 2 Jahre Abnahme
Gewährleistung aus Werkverträgen über Arbeiten an einem Bauwerk bzw. Planungsleistungen [§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB] 5 Jahre Abnahme
Gewährleistung aus Werkverträgen über Arbeiten an Sachen oder Bauwerken – bei arglistigem Verschweigen des Mangels [§ 634a Abs. 3 BGB] 3 Jahre (aber bei Bauwerken nicht vor Ablauf von 5 Jahren)

Jahresende*
Abnahme

Gewährleistung aus Werkverträgen über unkörperliche Arbeitsergebnisse (z. B. Gutachten, EDV-Programm) [§§ 634a Abs. 1 Nr. 3, 195, 199 Abs. 1 BGB] 3 Jahre Jahresende*
Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache [§ 548 Abs. 1 BGB] 6 Monate Rückerhalt der Mietsache
Ansprüche des Mieters auf Aufwendungsersatz und auf Erstattung der Wegnahme einer Einrichtung [§ 548 Abs. 2 BGB] 6 Monate Beendigung des Mietverhältnisses
Wettbewerbsrechtliche Unterlassungs-, Beseitigungs- und Aufwendungsersatzansprüche nach UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) [§ 11 Abs. 1, Abs. 2 UWG] 6 Monate

3 Jahre
6 Monate: Entstehung des Anspruchs und Kenntnis des Gläubigers von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners bzw. Zeitpunkt, zu dem Gläubiger ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis hätte erlangen müssen.

3 Jahre: Entstehung des Anspruchs unabhängig von Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis
Gewinnabschöpfungsanspruch nach UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) [§ 11 Abs. 4 UWG] 3 Jahre Entstehung des Anspruchs unabhängig von Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis
Wettbewerbsrechtliche Schadensersatzansprüche nach UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) [§ 11 Abs. 3 UWG] 10 Jahre

30 Jahre
10 Jahre: Entstehung des Anspruchs unabhängig von Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis

30 Jahre: Begehung der schadensauslösenden Handlung
Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen [§ 199 Abs. 2 BGB] 30 Jahre von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung, dem sonstigen schadensauslösenden Ereignis an
Sonstige Schadensersatzansprüche (z. B. wegen eines Vermögensschadens, Eigentumsverletzung, Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) [§ 199 Abs. 3 BGB]

10 Jahre

30 Jahre

10 Jahre: Entstehung des Anspruchs (Eintritt des Schadens), unabhängig von Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis**

30 Jahre: Von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung, dem sonstigen schadensauslösenden Ereignis an, unabhängig von Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis und Entstehung des Anspruchs **
Herausgabeanspruch aus Eigentum und anderen dringlichen Rechten (z. B. Pfandrecht) [§ 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB] 30 Jahre Rechtskraft der Entscheidung bzw. Errichtung des vollstreckbaren Titels
rechtskräftig festgestellte Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen, Ansprüche die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind. Ansprüche, für die ein Vollstreckungsbescheid oder eine sonstige vollstreckbare Urkunde existiert 30 Jahre Rechtskraft der Entscheidung bzw. Errichtung des vollstreckbaren Titels
falls diese Titel aber künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen (z. B. Zinsen) zum Inhalt haben [§§ 197 Abs. 1 Nr. 3-5, Abs. 2, 195, 199 Abs. 1 BGB] 3 Jahre Jahresende*

Quelle: IHK Koblenz

* Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, § 199 Abs. 1 BGB.

** Maßgeblich ist die früher endende Frist.

Fazit

Die Verjährung von Handwerkerrechnungen ist ein komplexes Thema, das Handwerksbetriebe im Blick behalten sollten. Am besten stellen Sie Ihre Rechnungen zeitnah und behalten die Fristen im Auge. So vermeiden Sie, dass Ihre hart erarbeiteten Ansprüche verjähren.

Hier noch einmal die wichtigsten Verjährungsfristen im Überblick:

  • Regelmäßige Verjährungsfrist: 3 Jahre
  • Mängelansprüche bei Bauwerken: 5 Jahre
  • Herausgabeanspruch des Eigentümers: 30 Jahre

Übrigens: Die Meisterwerk App unterstützt Sie beim Erstellen und Verwalten Ihrer Rechnungen. So behalten Sie ganz einfach den Überblick über offene Posten und Zahlungsfristen.

FAQ

Wann ist eine unbezahlte Rechnung verjährt?

Eine unbezahlte Rechnung verjährt in der Regel drei Jahre nach dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

Was bedeutet Verjährung?

Verjährung bedeutet, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist ein Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden kann.

Wie lange kann man rückwirkend eine Rechnung stellen?

Theoretisch kann eine Rechnung auch nach längerer Zeit noch gestellt werden. Allerdings läuft die Verjährungsfrist unabhängig davon, ob eine Rechnung gestellt wurde oder nicht.

Kann man nach zwei Jahren noch eine Rechnung stellen?

Ja, auch nach zwei Jahren ist eine Rechnungsstellung noch möglich. Die Verjährungsfrist läuft dann aber bereits.

Wann muss die Kundschaft eine Rechnung nicht mehr bezahlen?

Eine Rechnung muss nicht mehr bezahlt werden, wenn sie verjährt ist und sich die Schuldnerin oder der Schuldner darauf beruft. Oder wenn sie bereits beglichen wurde oder ein Erlass vereinbart wurde.

Disclaimer

Die Informationen in diesem Artikel stellen keine Rechtsberatung dar. Trotz sorgfältiger Recherche können wir insbesondere für juristische Informationen nicht für Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität gewähren. Wenn Sie juristische Hilfe benötigen, kontaktieren Sie bitte einen Rechtsanwalt.

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