Wegen des demografischen Wandels stehen nicht nur viele Fachkräfte kurz vor der Rente. Sondern auch viele Chefinnen und Chefs. Eine Befragung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) hat 2020 ergeben: Etwa die Hälfte der Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber sind 55 Jahre und älter. Jede oder jeder Vierte ist über 60 Jahre alt.
Der ZDH geht davon aus, dass in den kommenden Jahren bis zu 125.000 Handwerksbetriebe an neue Inhaberinnen und Inhaber übergeben werden. Das Handwerk braucht also neben motivierten Fachkräften auch geeignete Personen, die die Betriebe übernehmen.
Es gibt verschiedene Formen der Betriebsübernahme:
- Sie kaufen das ganze Unternehmen.
- Die Inhaberin oder der Inhaber verschenkt es, zum Beispiel innerhalb der Familie.
- Sie pachten den Betrieb.
- Oder Sie zahlen lebenslang Rente an Ihre Vorgängerin oder Ihren Vorgänger.
Die meisten Inhaberinnen und Inhaber möchten Ihren Handwerksbetrieb innerhalb der Familie weitergeben. 12 Prozent planen die Betriebsübernahme durch Mitarbeitende. Bei 35 Prozent der Befragten ist die Betriebsnachfolge noch nicht festgelegt. Sie möchten sich selbstständig machen? Möchten aber kein Unternehmen neu gründen? Dann haben Sie in den kommenden Jahren gute Chancen, einen geeigneten Betrieb zu finden.
Ganz gleich, ob Sie selbst etwas aufbauen möchten oder einen bestehenden Betrieb übernehmen. Diese persönlichen und fachlichen Werkzeuge tragen zum Erfolg Ihrer Idee bei:
- Sie übernehmen gerne Verantwortung, packen an und treffen zielführende Entscheidungen.
- Sie lernen gerne dazu und bringen kaufmännische Kenntnisse mit.
- Sie haben finanzielle Ressourcen und vielEnergie sowie Zeit, die Sie in Ihren Betrieb stecken. Auch Ihre familiäre Situation lässt eine Betriebsübernahme zu.
- Sie arbeiten diszipliniert und besitzen ein gutes Zeitmanagement.
- Sie können mit Stress und einer hohen Arbeitslast umgehen.
Laut der Deutschen Handwerks Zeitung sind die meisten Existenzgründungen Neugründungen. Das liegt einerseits am demografischen Wandel und andererseits daran, dass eine Nachfolge sehr frühzeitig geplant werden muss. Dabei hat die Betriebsübernahme einige Vorteile.
Wenn Sie einen bestehenden Handwerksbetrieb übernehmen, ist dieser schon in der Region etabliert. Das heißt:
- Sie übernehmen einen Betrieb, der idealerweise schon läuft.
- Die Menschen wissen, welche Dienstleistungen Sie anbieten.
- Die Mitarbeitenden sind eingearbeitet und erfahren.
- Es existiert schon ein fester Kundenstamm.
- Außerdem gibt es bestehende Prozesse, etwa für Materialbeschaffung oder Buchhaltung.
- Betriebsinventar, Fahrzeuge, Betriebsräume – all das ist schon vorhanden.
- Es gibt viele Zahlen und Daten, anhand derer Sie die Wirtschaftlichkeit beurteilen können.
Selbstständigkeit bedeutet erst mal viel Entscheidungsfreiheit. Bei der Betriebsübernahme ist das etwas anders: Stellen Sie sich darauf ein, dass Sie sich an eingeschliffene Strukturen und Vorgehensweisen anpassen müssen. In der Belegschaft gibt es viele Gewohnheiten, die Sie nicht sofort über den Haufen werfen können.
Weitere Herausforderungen sind die folgenden:
- Sie müssen die bestehende Belegschaft übernehmen.
- Die Bestandskundinnen und Kunden wenden sich vielleicht einem anderen Betrieb zu.
- Sie gehen ein finanzielles Risiko ein und müssen außerdem behördliche Auflagen, Steuern, Verbindlichkeiten und Haftungsrisiken im Blick haben.
Bevor Sie sich online oder in Branchen-Blättern auf die Suche machen: Verschaffen Sie sich Klarheit darüber, was Sie suchen.
Wie groß soll der Betrieb sein? In welcher Branche suchen Sie? In welcher Region? Wie groß ist Ihr Budget?
Wenn Sie wissen, was Sie wollen, können Sie in die Suche einsteigen. Und zwar hier:
- Betriebsbörsen der Handwerkskammer, Innung oder des Fachverbands
- Unternehmensnachfolge-Börse nexxt-change.org
- Deutsche Handwerkszeitung oder ähnliche Fachzeitschriften
- Firmenmaklerinnen oder -Makler
Lassen Sie sich parallel von Profis für Betriebsübernahmen beraten. Passende Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner finden Sie bei den Handwerkskammern und Handwerksverbänden.
Wenn Sie einen Betrieb entdeckt haben, der Ihren Grob-Kriterien entspricht, steigen Sie in die durchdachte Analyse ein. Suchen Sie Antworten auf folgende Fragen:
- Wie ist der Ruf des Unternehmens?
- Wie sieht der Markt aus? Wie hoch oder niedrig ist der Wettbewerbsdruck?
- Wie ist der Standort? Kann der Betrieb dort bleiben oder müssten Sie mit ihm umziehen?
- Schauen Sie sich die Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen an: Ist das Unternehmen wirtschaftlich stabil aufgestellt und vor allen Dingen zukunftsfähig?
- Wie ist die Belegschaft zusammengesetzt? Gibt es sowohl ältere, sehr erfahrene Mitarbeiterinnen als auch junge Mitarbeiter, die langfristig mit an Bord sind?
- Wie ist der Zustand der Betriebsräume, Fahrzeuge, Maschinen etc.? Wie viel Geld müssten Sie noch investieren?
- Wie hoch ist der Kaufpreis? Passt er zur Ertragskraft des Betriebs? Das heißt: Können Sie mit dem Betrieb langfristig und nachhaltig Gewinn machen?
Ein Businessplan ist nicht nur bei einer Neugründung hilfreich, sondern auch bei einer Übernahme. Er bringt Ihnen viel Klarheit über Ihre Ziele, anstehende Maßnahmen und das Entwicklungspotenzial des Betriebs. Wenn Sie eine Finanzierung oder Förderung beantragen möchten, brauchen Sie ihn auch.
Neben dem Businessplan sollten Sie einen detaillierten Fahrplan zur Übergabe entwickeln. Machen Sie das gemeinsam mit der bisherigen Inhaberin bzw. dem Inhaber. Dann sind sie am ersten Tag als neue Chefin oder neuer Chef bestens vorbereitet.
Im Handwerk steht ein Generationswechsel bevor. Das ist für junge, motivierte Fachkräfte eine große Chance: In den kommenden Jahren stehen viele Handwerksbetriebe zur Übernahme zur Verfügung. Das wichtigste bei der Betriebsnachfolge: Informieren Sie sich frühzeitig, analysieren Sie den Betrieb genau und gehen Sie schrittweise vor.