

Unterbrochene Lieferketten und Verknappung von Rohstoffen: Die Pandemie sowie der Krieg in der Ukraine treiben die Preise für Baumaterialien und Bauteile in die Höhe. Können Handwerkerinnen und Handwerker ihre gestiegenen Kosten an die Kundschaft weitergeben? Und was ist dabei zu beachten?
Inhaltsverzeichnis
Preisgleitklauseln können einen negativen Einfluss auf die Inflation haben. Deswegen ist der Einsatz dieser Preisanpassungen gesetzlich reglementiert. Ausdrücklich verboten sind sie jedoch nicht. Der Gesetzgeber hat einige Ausnahmen bestimmt.
Preiserhöhungen, die auf einem Index basieren, bieten den Vorteil, dass es über den Wert der Steigerung keinen Streit geben kann. Denn Index-Werte werden regelmäßig von unabhängigen Stellen veröffentlicht. Nachteil: Es gibt einen zeitlichen Verzug zwischen der Index-Berechnung und der aktuellen Situation. Die Preise können also bereits deutlich gestiegen sein. Der Index bildet diese dann noch nicht ab.
Die nachträgliche Erhöhung von Materialpreisen ist im Umgang mit privater Kundschaft gesetzlich schwierig. In einem solchen Fall sollten Sie das offene Gespräch mit den Auftraggebern suchen.
Zwar gibt es in Deutschland ein offizielles Verbot von Preisklauseln1, aber der Gesetzgeber hat einige Ausnahmen2 vorgesehen. Grundsätzlich besteht also die Möglichkeit, die Preise für Baumaterial oder Bauteile anzupassen. Es gibt einige Faktoren, von denen abhängt, ob die Preiserhöhung einfach oder schwierig ist:
Um dem Problem der steigenden Materialpreise zu begegnen, kannst du in den Vertrag eine „Preisgleitklausel“ aufnehmen. Mit einer solchen Klausel erhältst du die Möglichkeit, die Preise zu erhöhen, wenn sich deine eigenen Kosten erhöhen.
Hier einige Hinweise, die allerdings keine juristische Beratung ersetzen. Im Zweifel solltest du dich direkt bei deiner zuständigen Kammer informieren.
Hinweise:
Eine Preisgleitklausel einfach in die AGB aufzunehmen, reicht nach verschiedenen Gerichtsurteilen nicht aus – insbesondere nicht in der Zusammenarbeit mit privaten Kundinnen und Kunden.
Bei einer Preisgleitklausel gilt das Gebot der Transparenz. Eine entsprechende Formulierung muss deutlich machen, welche Bauteile und Produkte betroffen sind, ab wann die Preiserhöhung eintritt und wie hoch diese sein wird.
Die Preiserhöhung lässt sich auf zwei verschiedene Arten definieren:
1. Index-Preisgleitklausel:
Die Preiserhöhung richtet sich nach dem Materialpreisindex. Du musst dazu definieren, für welche Materialien dieser gelten soll. Ein Nachteil dieser Klausel: Indexwerte werden zwar in regelmäßigen Abständen errechnet, betrachten aber immer die Vergangenheit. Dadurch könnte es sein, dass die aktuelle Situation nicht vollständig abgebildet wird.
2. Prozentuale Preisgleitklausel:
Diese Klausel erscheint flexibler und reagiert zeitnaher auf die Preisentwicklung. Du vereinbarst mit der Kundschaft, dass diese die Mehrkosten für ein bestimmtes Material übernimmt, sofern der Preis einen vereinbarten Prozentsatz überschreitet.
Um deine Angebote gegen Preissteigerungen abzusichern, gibt es noch zwei weitere wirkungsvolle Mittel.
Um auf gestiegene Materialkosten nicht sitzen zu bleiben, kombiniere am besten die Frist im Angebot mit den Einkaufskonditionen. Lass dir vom Lieferanten die Konditionen schriftlich bis zu einem bestimmten Datum zusichern. Diese Zeitangabe dient dann als Frist in deinem Angebot.
Hält sich der Lieferant also vier Wochen lang an die zugesicherten Preise, darf auch das Angebot nicht länger als diese vier Wochen gültig sein. Beachte jedoch, dass dies nur funktioniert, wenn der Lieferant nicht selbst eine Preisanpassungsklausel eingebaut hat. Es ist daher wichtig, diese Klausel des Lieferanten vorab zu prüfen.
Noch weiter geht die Absicherung durch ein „freibleibendes Angebot“. Das gilt nur, wenn exakt diese Formulierung auch im Angebot zu finden ist. In der Praxis verschiebt sich dadurch der eigentliche Vertragsabschluss nach hinten. Passen die im Angebot genannten Bedingungen, bestätigst du den Auftrag. Steigen die Materialpreise, bestätigst du den Auftrag nicht. Dadurch gibt es keine rechtlichen Nachteile, da das Angebot freibleibend ist.
Deutlich kompliziert wird es mit den Preiserhöhungen für Material bei allen bereits bestehenden Verträgen und Angeboten, sofern diese nicht freibleibend oder befristet waren.
Juristisch haben Preiserhöhungen im Fall von langfristigen Verträgen mit Festpreisen in der Regel keine realistische Chance. Zum Beispiel bei einem Vertrag mit einem Bauträger: Wurde ein Festpreis genannt und der Auftrag erteilt, muss das Projekt auch zum genannten Preis abgeschlossen werden. Die Auftraggeber haben darauf einen Anspruch.
In diesem Fall besteht die einzige Chance darin, das Gespräch mit dem Auftraggeber zu suchen und über den Preis zu sprechen. Möglicherweise lässt sich hier eine Einigung erzielen.
Grundsätzlich ist es bei allen Versuchen sinnvoll, mit den Kundinnen und Kunden in einen Dialog zu treten, wenn Preise nachträglich erhöht werden sollen.
Wie gerade erwähnt existiert kein automatisches Kündigungsrecht für Handwerksbetriebe, wenn die Materialkosten steigen. Ein möglicher rechtlicher Ausweg kann sich dennoch ergeben.
Wenn sich die Sachlage gegenüber dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses gravierend geändert hat, sieht der Paragraf 313 des BGB eine Kündigungsmöglichkeit wegen des „Wegfalls der Geschäftsgrundlage“ vor. Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine eigentliche Preisanpassung, sondern um das Ende der Beauftragung. Juristisch ist das schwer durchzusetzen. Der Betrieb muss darlegen, dass die Verpflichtungen zwischen Handwerksunternehmen und Auftraggebern in ein starkes Missverhältnis geraten sind. Das gelingt im Zweifel nur durch exorbitant gestiegene Materialpreise und mit juristischem Beistand. Die Androhung der Kündigung ist somit eher ein letztes Mittel im Rahmen eines Einigungsversuches mit der Kundschaft.
Ist im Rahmen der Auftragserteilung die VOB/B einbezogen, könnte ein Rettungsanker im § 6 VOB/B stecken. Dieser definiert ein Sonderkündigungsrecht, sofern es zu einer Unterbrechung oder Verzögerung der Leistungen von mindestens drei Monaten gekommen ist.
Dazu ist es nicht notwendig, dass die Arbeiten bereits begonnen haben. Wurde also etwa mit einem Bauträger ein Auftrag abgeschlossen und die VOB/B inkludiert, können Handwerkerinnen und Handwerker den Vertrag kündigen, wenn sich etwa der Beginn der Leistungen um die genannte Zeit nach hinten verschiebt. Du bist dann also nicht mehr an die niedrigen Materialpreise gebunden.
Für alle zukünftigen Aufträge und Angebote kannst du dich mit den in diesem Beitrag genannten Optionen gut gegen steigende Materialkosten absichern. Deutlich schwieriger ist hingegen eine nachträgliche Preisanpassung.
Hier braucht es zum Teil starke juristische Mittel, um sich durchzusetzen – und im Zweifel verursacht der Gang vor Gericht weitere Kosten. Besonders bei Verträgen mit privater Kundschaft, die auf Grundlage des BGB abgeschlossen wurden, sind die Erfolgsaussichten ohnehin eher gering.
Deshalb bist du am besten beraten, offen mit deiner Kundschaft über das Problem zu sprechen. Vielleicht lässt sich das Thema der gestiegenen Materialpreise so im direkten Dialog lösen.
Offene und zeitnahe Kommunikation mit der Kundschaft ist immer wichtig. Mit der Meisterwerk App hast du alle relevanten Informationen zu deinem Betrieb im Überblick: Einsatzplanung, Projektstunden, Termine und wichtige Fristen.
Nur ein Beispiel für die vielen nützlichen Funktionen der Meisterwerk App, die dir als Handwerkerin oder Handwerker bei der Digitalisierung deines Betriebs hilft.
Die Informationen in diesem Artikel stellen keine Rechtsberatung dar. Trotz sorgfältiger Recherche können wir insbesondere für juristische Informationen nicht für Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität gewähren. Wenn Sie juristische Hilfe benötigen, kontaktieren Sie bitte einen Rechtsanwalt.